In Zusammenarbeit mit der Tageszeitung „Die Presse“ holte Great Place to Work® vier von Europas Besten Arbeitgebern 2021 an einen Tisch. Doris Palz (Great Place to Work), Sylvia Dellantonio (willhaben), Georg Westphal (Verbund), Ralf Schweighöfer (DHL), Ingo Raimon (AbbVie Österreich) und Michael Köttritsch (Die Presse) sprechen über Remote Leadership, die Herausforderungen des Home-Office und die Zukunft von Remote Work.
Aus der Krise lernen
Wie gehen diese vier ausgezeichneten Unternehmen mit Remote-Work und -Leadership in der Pandemie um? Wie implementieren sie ihre großartige Unternehmenskultur in Home-Office und Kurzarbeit?
„Wir waren zu fast 100% zu Hause und das von einem Tag auf den anderen. Innerhalb von drei Tagen, haben wir vollkommen auf Home-Office umgestellt. Natürlich hatte ich anfangs Bedenken, aber unsere schon vorhandene Kultur, welche wir über lange Zeit aufgebaut haben, hat uns sehr stark geholfen. Im Moment arbeiten wir hybrid vor Ort und remote“, so Sylvia Dellantonio, „dennoch haben wir diesen Umstieg genutzt um festzulegen, dass wir nicht mehr zu einer vollkommenen Präsenz zurückkehren werden. Mindestens 2 Tage Home-Office für alle Mitarbeitenden, das wird auch nach der Pandemie unsere neue Normalität sein.“
Diese Umstellung gibt Sicherheit. Mitarbeitende können ihr Privatleben auf die neuen Umstände ausrichten und sich auf diese „neue“ Art des Arbeitens verlassen.
Doris Palz berichtet über ihre Erfahrungen mit den verschiedensten Unternehmen in der Krise, „Was die Menschen gelernt haben ist Folgendes: Remote Work funktioniert, auch in Branchen denen man dies vielleicht nicht zugetraut hätte. Dennoch bringt diese Umstellung viele Herausforderungen mit sich. Selbstbestimmung ist ein wichtiges Schlagwort, denn die Trennung von Freizeit und Arbeitszeit verschwimmt im Home-Office viel stärker als zuvor.“
Flexibilität ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Denn wie Doris Palz weiß, haben die Mitarbeitenden ganz individuelle Bedürfnisse, welche in diesen neuen Arbeitssituationen zu berücksichtigen sind: „Manchen Menschen ist es ein Leichtes, Verantwortung zu übernehmen und ihre Aufgaben auch außerhalb des Office selbstbestimmt zu erledigen. Andere brauchen nähere Unterstützung, damit sie den roten Faden nicht aus den Augen verlieren. Hier muss die Führung ansetzen und flexibel sein.“
Remote Leadership in der Praxis
Ralf Schweighöfer (DHL) gibt Einblick in die praktische, erfolgreiche Kunst des Remote Leaderships. „Wir haben bei ganz einfachen Punkten angesetzt. Webcams für solche, die sie noch nicht haben, Performance-Dialoge die regelmäßig abfragen, wie es um das Befinden der Mitarbeitenden steht – diese Dinge machen einen großen Unterschied. Den Leuten klar zu machen, dass wir immer noch ein cooles Team sind und dies auch eventuell mit kleinen Geschenken zu zeigen – das hat den Zusammenhalt auch in der Pandemie verankert.“
Ingo Raimon (AbbVie) weiß, wie wichtig eine gepflegte Vertrauenskultur für eine stabile Basis in der Krise ist. Gemeinsam mit Great Place to Work® hat das Unternehmen über Jahre hinweg an dieser Kultur gearbeitet – das hat sich auch in der Corona-Krise ausgezahlt.
„Wir haben durch diese Arbeit ein sehr genaues Bild von unseren Mitarbeitenden bekommen und schon vor einigen Jahren an zielorientiertem Führen gefeilt, welches nicht auf die Anwesenheit aller Menschen vor Ort angewiesen ist. Unsere Mitarbeitenden haben in der Pandemie Großartiges geleistet, darauf bin ich sehr stolz. Dennoch ist physisches Zusammenkommen sehr wichtig. So gut es ging, haben wir daher unsere Teams zusammen ins Office geholt“, so Ingo Raimon.
Transparenz – was hat sich verändert?
In vielen Leitfäden und Guides zum Remote Leadership wird Transparenz als eines der wichtigsten Leitworte geführt. Wie hat sich der Umgang mit Transparenz im Unternehmen in der Corona-Pandemie verändert?
Doris Palz weiß, wie wichtig Transparenz besonders von Seiten der Führungskräfte in Zeiten der Krise war und bleibt. „Selbst wenn die Zukunft ungewiss ist, ist es wichtig den Mitarbeitenden zu vermitteln, dass es ein Ziel und ein Morgen gibt – das gibt Sicherheit. Transparenz ist jedoch keine Einbahnstraße. Zwischen den Gruppen zu vermitteln ist sehr wichtig, denn so kann man sich gegenseitig auch unterstützen. Die Sensibilität den Menschen im Mittelpunkt zu wissen, auf einander einzugehen und dadurch neue Ansätze und Lösungen zu entwickeln – das macht Transparenz aus.“
Alle Mitarbeitenden können einen wichtigen Beitrag zu den Key-Strategies leisten, die Transparenz schaffen und damit Remote-Work möglich und erfolgreich machen, das ist die Methode von AbbVie. „Es ist sehr erfüllend das gestärkte Vertrauen der Menschen ineinander auch messbar sehen zu können“, so Ingo Raimon.
Verunsicherung – Wie Unternehmen dagegen ankämpfen
Die Corona-Pandemie brachte eine unsichere Zukunft und Gegenwart mit sich. Ängste, seien sie nun geschürt oder natürliche Reaktion auf die Ausnahmesituation „Pandemie“, machen auch vor der Arbeitswelt nicht halt.
„Ich nehme zwei Arten der Herangehensweise wahr“, so Ralf Schweighöfer, „die einen wünschen sich die Rückkehr zur ‚Normalität‘ vor der Krise. Die Anderen, nehmen diese Zeit des Umbruchs als Chance wahr. Für uns war klar – wir wollen uns weiterentwickeln und eine neue Arbeitswelt schaffen und die Zukunft neu denken. Um Sicherheit zu bieten, gestalten wir unsere Räumlichkeiten um, denn die Mitarbeitenden sollen sich auch hier wieder wohlfühlen.“
Verbund kämpft nicht nur als systemrelevantes Unternehmen gegen die Krise an, sondern, das versteht sich, auch gegen den Klimawandel. „Die Leute wissen, man braucht uns. Wir sind die Kraft, die die Klimawende voranbringt. Daher gibt es keine Unsicherheit, was das Fortbestehen des Unternehmens und die Garantie von Arbeitsplätzen angeht. Trotzdem haben wir mit Unsicherheiten zu kämpfen. Schaffen wir es, schnell genug zu handeln? Können unsere Projekte auch in der Krise gut vorangehen? Es ist uns aber sehr gut gelungen, optimistisch zu bleiben und diese Ziele zu erreichen.“
Arbeitszeit vs. Arbeitsziele – wie misst man die Arbeit der Zukunft?
In Zeiten der Digitalisierung und des Home-Office als Standardinventar jedes Unternehmens, werden fixe Arbeitszeiten zum Diskussionsthema. Sind strikte Arbeitszeiten noch Zukunftsmusik, oder muss Arbeit in Zukunft anders gemessen werden?
„Es geht nicht ohne Ziele“, so Sylvia Dellantonio, „eine reine Performance-Messung ist allerdings nicht der richtige Weg, Arbeit zu bewerten. Ein Ziel ist eine Idee, eine Orientierung – wie man schließlich dorthin kommt, die Fehlerkultur, die Kreativität, das ist ausschlaggebend.“
Doris Palz weiß, „natürlich gibt es gesetzliche Rahmenbedingungen, was die Arbeitszeit betrifft. Doch wenn Mitarbeitende an der Zielfindung beteiligt sind, dann verfolgen sie diese auch besser. Vertrauensarbeitszeit ist ein Stichwort, dass man sich zu Herzen nehmen sollte. Denn es ist ein realistisches Herantreten, an einen sinnvollen Umgang mit Arbeitszeit.“
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