Die Pandemie zwingt viele von uns, plötzlich anders zu arbeiten. Wer von heute auf morgen mehr oder weniger ausschließlich remote arbeitet, der muss vor allem ein anderes Kommunikationsverhalten lernen – oder sich um ein anderes Miteinander beim Zusammenarbeiten mit KollegInnen, mehr Selbstmanagement und Ähnliches mehr bemühen.
An vieles haben wir uns zwischenzeitlich gewöhnt, aber hält eigentlich auch die Anpassungsfähigkeit der Führungskräfte hiermit Schritt?
Die Antwort darauf ist leider in vielen Fällen: Nein, zumindest noch nicht. In unserer aktuellen Trendstudie „Die digitalisierte Arbeitswelt verlangt nach neuer Führung“ geben gerade einmal 38 % der Befragten an, dass ihre Führungskräfte auch auf Distanz, also ohne häufigen persönlichen Kontakt, wirksam führen.
New Work heißt Vertrauen und Kommunikation
Doch warum fällt es Führungskräften häufig noch sehr schwer, ein Team auf Distanz zu leiten? In unseren Forschungen machen wir das häufig an zwei Eigenschaften fest: mangelndes Vertrauen in die Arbeit der Mitarbeitenden und zu wenig ausgeprägte Kommunikationsleidenschaft.
Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten konnte in unserer aktuellen Trendstudie bestätigen, dass die Führungskräfte auch auf die gute Arbeit der Mitarbeitenden vertrauen, ohne sie ständig zu kontrollieren (58 %). Bei von Great Place to Work® zertifizierten Unternehmen liegt dieser Wert jedoch bei 88 %. Diese Unternehmen beschäftigen sich schon länger damit, eine vertrauensvolle Arbeitsplatzkultur zu etablieren.
Führung auf Distanz bedeutet nicht nur, dass die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden sowohl in der Quantität als auch in der Qualität angemessen sind; sie müssen vor allem auch auf einem vertrauensvollen Fundament ruhen.
Auch hier ist noch viel Entwicklungspotenzial zu erkennen: Nur 50 % der Befragten geben an, dass die Führungskräfte gut erreichbar und unkompliziert anzusprechen sind.
Aber warum ist das so? Zum einen haben Führungskräfte nicht immer eine ausgeprägte Kommunikationsleidenschaft. Es ist im Grunde auch eine „Typsache“, ob man gerne mit Menschen ins Gespräch kommt oder lieber auf eher oberflächlichem Niveau verbleibt.
Zum anderen ist zu bedenken, dass auch Führungspersonen zu allererst Menschen sind: Wenn man in Zeiten wie diesen gerade selbst psychisch-emotional nicht ganz auf der Höhe ist, wie soll man es da schaffen, sich auch noch die Ängste und Sorgen seiner Mitarbeitenden anzuhören? Nur 32 % der Führungskräfte suchen beispielsweise regelmäßig das persönliche Gespräch mit den Mitarbeitenden, um zu fragen, wie es ihnen geht.
Aber genau das ist die große Krux von New Work: Die dazugehörenden Charaktereigenschaften einer „guten“ Führungskraft sind aus Sicht der Mitarbeitenden nämlich vor allem Empathie und Kommunikationsfreudigkeit.
New Work heißt New Leadership
Wie können sich Führungskräfte nun dieser neuen Situation stellen? Empathie und Kommunikationsfreudigkeit erlernt man ja nicht über Nacht.
Eine Möglichkeit wäre, sich mit der Methodik der positiven Psychologie auseinanderzusetzen. Nach dem PERMA-Modell von Martin Seligman bedarf es dieser sechs Eigenschaften um einer Herausforderung wie der gegenwärtigen (besser) begegnen zu können:
- Positive Emotionen bei den Mitarbeitenden ermöglichen,
- individuelles Engagement fördern,
- tragfähige Beziehungen schaffen,
- Sinn in der Arbeit vermitteln,
- Erreichtes sichtbar machen sowie
- stärkenorientiert führen.
Wissenschaftliche Untersuchungen weisen die enorme Wirkung negativer Emotionen nach. So wirken diese circa drei Mal so stark wie positive Emotionen. Es ist daher leicht vorstellbar, wie beflügelnd zum Beispiel eine starke Schulter oder ein lobendes Wort der Führungskraft momentan sein kann.
Eine der wichtigsten Eigenschaften eines Positive Leaders ist demnach auch die Begeisterung – für Menschen und für die eigene Aufgabe. Diese Begeisterung zu übertragen und in Mitarbeitenden zu wecken, ist heute wichtiger denn je. Begeisterung ist ein starker Resilienzfaktor, und gerade jetzt kommt dieser Widerstandskraft große Bedeutung zu. Schade, dass nur bescheidene 29 % der Befragten erleben, dass die Führungskräfte Menschen im Unternehmen begeistern können.
Zur Begeisterungsfähigkeit gehört auch, dass Führungskräfte stets Zuversicht und Optimismus ausstrahlen. Auch dies ist im Sinne einer positiven Leadership-Kultur essenziell und wird von (immerhin) 37 % der Befragten in den Unternehmen wahrgenommen.
Ein weiteres Kennzeichen des Positive Leaders ist der Blick auf die Stärken der Mitarbeitenden, also auf Dinge, die man gerne macht, weil sie einem Spaß machen oder man ein besonderes Talent dazu besitzt.
Wenn beispielsweise jemand im Team besonders gerne After Work Events organisiert, also konkret zu einem gemeinsamen virtuellen Glas Bier oder Wein einlädt, dann sollte die Führungskraft dieses Engagement nutzen, um die eigene Teamkultur auch in Zeiten des dislozierten Arbeitens zu stärken.
Die stärkenorientierte Förderung von Mitarbeitenden ist somit eine Schlüsselfähigkeit im Rahmen des Positive Leaderships. Hier besteht aktuell aber noch ein großes Entwicklungspotenzial: Lediglich 36 % der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die Stärken der Mitarbeitenden erkannt und gefördert werden.
Wir sehen also: Bei vielen Unternehmen in Österreich ist es noch ein längerer Weg hin zum New Leadership. New Leadership ist jedoch ein wichtiger Bestandteil des Gesamtkonzeptes New Work, der ohne eine nachhaltige Änderung des Beziehungsmanagements zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden nicht realisierbar ist. Die gute Nachricht vorneweg: Mit der richtigen Unterstützung kann es gelingen!
New Work macht Unternehmen auch nach außen attraktiv
Es ist sicher kein einfacher Weg, aber Great Place to Work ® begleitet schon seit vielen Jahren österreichische Unternehmen bei der Integration von New-Work-Eigenschaften in ihre Unternehmenskultur.
Der Erfolg dieser Zusammenarbeit ist zum Beispiel daran messbar, dass Führungskräfte die Mitarbeitenden stärker in Entscheidungen einbeziehen, die ihre Arbeit oder das Arbeitsumfeld betreffen. Dies ist im Vergleich zum österreichischen Durchschnitt in mehr als doppelt so vielen Unternehmen heute schon der Fall, die eine Great Place to Work®-Zertifizierung erhalten haben.
New-Work-Faktoren sind auch im Employer Branding immer wichtiger. Der Fachkräftemangel hat in verschiedenen Branchen während der COVID-19-Pandemie klarerweise nicht nachgelassen.
Hier sehen wir, um wie viel attraktiver Unternehmen nach innen wirken, wenn man sich nachhaltig um eine vertrauensvolle Arbeitsplatzkultur bemüht, die die Basis von New Work bildet: Sagen in durchschnittlichen Betrieben nur 63 % der Belegschaft, dass es ein sehr guter Arbeitsplatz ist, so sind es bei Österreichs Besten Arbeitgebern 90 %.
Und nach außen? Eine attestierte New-Work-Kultur liefert bis zu 50 % mehr qualifizierte Bewerbungen je ausgeschriebener Stelle. Wenn nicht spätestens das ein guter Grund ist, an New Leadership zu arbeiten!