COVID-19 hält die Welt in Atem. Wir erleben eine bisher unvorstellbare Situation. Jeder Mensch ist Teil der Krise. Jedes Unternehmen davon betroffen. Auch wir möchten dieses Thema mit unterschiedlichen ExpertInnen beleuchten und Ihnen wertvolle Informationen und Tipps mit an die Hand geben, die Sie durch diese Krise begleiten.
Unser heutiger Schwerpunkt: Krisenkommunikation
Krisenkommunikation ist gefragt, und damit diese gelingt, braucht es das entsprechende Krisenmanagement.
Wir haben bei Philipp Maderthaner, Geschäftsführung Campaigning Bureau, nachgefragt: Wie erlebt der Kommunikationsexperte diese Krisensituation? Wie gelingt das Krisenmanagement und was rät der Experte, damit gute Kommunikation auch in ungewissen Zeiten die Sicherheit der Menschen und Mitarbeitenden stärkt? Alles das und wie Unternehmen in einer Krise wachsen können, lesen Sie in diesem Interview.
Wie erleben Sie als Kommunikationsexperte diese Krisensituation?
Philipp Maderthaner: Es löst natürlich Unsicherheit bei vielen Menschen aus, wenn wir es mit einem neuartigen Virus zu tun haben, den man schwer einschätzen kann und der sich noch dazu recht rasant verbreitet. Auch die Maßnahmen, die derzeit notwendig sind, reißen uns förmlich aus unserer gelernten Sorglosigkeit heraus. Das verursacht bei vielen ein gewisses Unbehagen.
Was solche Situationen der Unsicherheit verlangen, ist Führung. Denn Führung gibt Halt und Sicherheit. Das gilt auf allen Ebenen. In der Republik, aber auch in den Unternehmen und ja, auch in der Familie.
Krisenkommunikation wird oftmals auch als Königsdisziplin der Kommunikation bezeichnet – weshalb?
Philipp Maderthaner: Kommunikation ist eines der wichtigsten Instrumente von Führung, einmal mehr in Krisensituationen. Wenn wir das Gefühl haben, dass jemand in einer Krisensituation die Führung übernimmt und uns auch entsprechend informiert und einbindet, dann gibt uns das enorme Sicherheit. Für jene, die hier die Führung übernehmen, ist das deswegen so eine Herausforderung, weil sie natürlich ja selbst auch unter enormem Druck stehen.
In solchen Situationen klare Entscheidungen zu treffen und klar zu kommunizieren, das ist wahrlich eine Königsdisziplin.
Für Unternehmen gilt es ja nicht nur die Krise als solche zu bewältigen, sondern auch die dabei nötige Kommunikation. Wozu raten Sie in der aktuellen Situation?
Philipp Maderthaner: Den Unternehmerinnen und Unternehmern sowie den Führungskräften rate ich zu ganz klarer und enger Kommunikation mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das bedeutet nicht, dass man immer schon auf alles eine Antwort haben muss. Manchmal ist die Antwort einfach nur: Wir überlegen noch und wissen es nicht. Und manchmal ist es die Kommunikation ganz klarer Entscheidungen und Schritte.
In stürmischen Zeiten wird von der Kapitänin oder vom Kapitän erwartet, sichtbar auf der Brücke zu sein und regelmäßige Durchsagen zu machen.
Um gute Krisenkommunikation führen zu können, braucht es auch gutes Krisenmanagement. Wie hängen diese beiden zusammen?
Philipp Maderthaner: In der Tat. Es beginnt dabei, dass man die eigene Verantwortung erkennt, dort wo man Führungsverantwortung trägt. Das kann im Unternehmen sein, aber auch im Verein, als Veranstalter oder in der Familie.
Außergewöhnlich an dieser Krise ist, dass alle Menschen und alle Unternehmen betroffen sind und dass die Lösung nicht in den Organisationen liegt. Verunsicherung ist die nicht ungewöhnliche Folge.
Wie kann und soll da überhaupt Sicherheit vermittelt werden?
Philipp Maderthaner: Die Lösung liegt zum Teil durchaus in den Organisationen. Wir alle können durch die Reduktion unserer sozialen Kontakte in der nächsten Zeit einen wesentlichen, für ältere Menschen sogar lebensrettenden, Beitrag leisten, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Das erfordert entschlossenes Handeln und klare Kommunikation seitens der Unternehmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten.
Der Bundeskanzler hat das aus meiner Sicht klar formuliert, indem er gesagt hat: „Wenn Sie sich die Frage stellen, ob sie etwas tun sollen oder nicht, dann beinhaltet das bereits die Möglichkeit, darauf zu verzichten und dann sollte im Sinne der Allgemeinheit auch verzichtet werden.“ Genau dieser Logik folgend haben wir in unserem Unternehmen bereits alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt und den lokalen Bürobetrieb eingestellt.
MitarbeiterInnen sind verunsichert. Kunden und Lieferanten ebenfalls. Gerüchte sind schnell gestreut, Meinungen machen die Runde und die sozialen Medien tun auch ihren Teil dazu. Kann dem entgegengewirkt werden?
Philipp Maderthaner: Es gibt sehr umfassende Information durch die Regierung und ihre Stellen. Das sind jene Informationen, auf die man sich verlassen soll und auch kann. Diese Kommunikation wird sicher noch weiter intensiviert werden.
Darüber hinaus haben auch Medien eine besondere Verantwortung. Eine Grusel-Schlagzeile produziert vielleicht Klicks, aber dienlich ist sie nicht. Hier ist von allen Seiten sachliche Information gefragt - von der Regierung, von Medien und natürlich auch von den Unternehmen.
Es heißt: Eine Krise verläuft immer anders, als man denkt. Wie können die Verantwortlichen in Unternehmen mit der Ungewissheit umgehen? Kann man sich auf Unvorhersehbares vorbereiten?
Philipp Maderthaner: Auf die konkrete Krise kann man sich natürlich nicht vorbereiten. Aber: Diejenigen Unternehmen, die in der Vergangenheit in ihre Teams investiert haben, die eine starke Kultur entwickelt haben, die an der Qualität der Führung gearbeitet haben, die an den entscheidenden Fronten stark dastehen, werden gut durch jede Krise kommen.
Unternehmen, die schon vor der Krise nicht gesund waren, sind natürlich viel stärker gefährdet.
Wie können Unternehmen das Vertrauen ihrer Mitarbeiter in die Krisenkompetenz ihrer Führungskräfte stärken?
Philipp Maderthaner: Die Antwort lautet: Klare Entscheidungen und klare Kommunikation. Kein Zaudern, kein Herumlavieren, kein Herumgeeiere. Niemand weiß, was genau jetzt richtig ist. Das wissen wir immer erst nachher. Jetzt können wir nur alle nach bestem Wissen und Gewissen handeln.
Die außergewöhnlichen Maßnahmen haben auf zahlreiche Betriebe bereits ernstzunehmende wirtschaftliche Auswirkungen. Der COVID-19-Verunsicherung folgt noch eine wirtschaftliche Verunsicherung der Menschen in den Betrieben. Und dies innerhalb weniger Tage.
Wie kann damit auf Unternehmensleitungs-Ebene richtig umgegangen werden?
Philipp Maderthaner: Das ist für viele Unternehmen natürlich eine Katastrophe. Von einem Tag auf den anderen brechen die Umsätze weg. Die Regierung hat hier schon Hilfen angekündigt. Für jene Unternehmen, die wenig bis keinen finanziellen Spielraum haben, heißt das, sie müssen lebensrettende Maßnahmen setzen, um diese Phase finanziell zu überstehen.
Für diejenigen, die den finanziellen Spielraum haben, kann es auch eine Chance sein, die Zeit in der Krise zu nutzen, besser zu werden, an den Produkten zu arbeiten, am Team zu arbeiten, Dinge zu machen, die lange auf der Strecke geblieben sind, aber das Potenzial zum Wettbewerbsvorteil haben.
Auch der Medien-Hype macht vor Unternehmenstüren nicht Halt und beeinflusst die Mitarbeitenden – kann/soll dem entgegengewirkt werden? Wenn ja, wie?
Philipp Maderthaner: Der eigene Medienkonsum ist natürlich Privatsache. Ich selbst habe meinen Medienkonsum auf ein Minimum reduziert. Ich konsumiere die Informationen der Regierung, aber ich muss nicht bei jedem Skandal-Artikel dabei sein und emotional jede Wellenbewegung mitmachen. Das macht die Sache nämlich auch nicht besser. Wenn jeder sich auf seinen Teil der Verantwortung konzentriert, haben wir schon ein gutes Stück geschafft.
Was kann kommunikativ dazu beigetragen werden, dass möglichst wenig persönlicher und betrieblicher Schaden entsteht – im Gegenteil, dass man an der Krise wächst?
Philipp Maderthaner: Natürlich sind der Schutz der Menschen und die Gesundheit das oberste Ziel. Daneben bietet jede Krise auch Chance zu wachsen. Ich nehme als Beispiel das unternehmensweite Homeoffice bei uns im Unternehmen. Wir können jetzt lernen, wie wir mit solchen Situationen umgehen. Jedes Teammitglied kann selbst lernen, wie es um die eigene Selbstdisziplin bestellt ist – um den Fokus beim Arbeiten.
All das sind Chancen, am Ende besser dazustehen als vorher. Das alles sind keine Gründe, warum man sich so eine Krise wünscht. Aber das Beste daraus zu machen, hat noch niemandem geschadet.
FAZIT: Kommunikation unterstützt in Krisenzeiten
Krisen lösen immer Unsicherheit aus. Das Coronavirus und die notwendigen Maßnahmen reißen alle Menschen aus ihrer Sorglosigkeit heraus. Solche Situationen verlangen Führung und gute Kommunikation. Unternehmen können das Vertrauen ihrer Mitarbeiter in die Krisenkompetenz ihrer Führungskräfte stärken, indem sie klare Entscheidungen treffen und dies klar kommunizieren.
Kein Zaudern, kein Herumlavieren, kein Herumgeeiere. Niemand weiß, was genau jetzt richtig ist. Das wissen wir immer erst nachher. Jetzt können wir nur alle nach bestem Wissen und Gewissen handeln.
Zur Person:
Philipp Maderthaner ist „Unternehmer des Jahres“ („Ernst&Young“), gilt als „Shootingstar der Kommunikationsszene“ („Focus“) und „Kanzlermacher“ hinter Sebastian Kurz („Die Zeit“). Seine Kampagnen haben Millionen Menschen bewegt. Auf seinen Rat hören CEOs und Regierungschefs. Mit seinem Campaigning Bureau hat er seit Gründung 2012 eine beeindruckende Wachstums-Story hingelegt und ist gleichzeitig Great Place to Work®. Daneben ist er begeisternder Keynote-Speaker, Autor und Coach.